Es ist ein Modell, bei dem Kinder, Schule, Jugendmusikschule und die Musikkapelle Niederwangen Gewinner sind. Das Erfolgsmodell Bläserklasse ist jüngst in seine neunte Saison gegangen. Möglich ist dies nicht zuletzt durch Edwin Müller und die Firma Grunwald, die abermals 4000 Euro spendeten. 13 Kinder haben in diesem Schuljahr Bläserklasse statt schulischem Musikunterricht gewählt – und genießen kostenfrei die professionelle Grundausbildung an Holz- und Blechinstrumenten.
Enorme Zahlen hat Christian Hasel, Vorsitzender der Musikkapelle Niederwangen, zum jährlichen Treffen der Verantwortlichen mit im Gepäck. Rund 30 000 Euro hat die Kapelle in neun Jahren in Instrumente, rund 25 000 Euro in die Lehrerkooperation mit der Jugendmusikschule investiert. Letzteres hat praktisch betrachtet Gönner Edwin Müller und dessen Firma Grundwald vollständig übernommen. Auch in diesem Jahr sponserte Müller 3000 Euro aus dem privaten Geldbeutel, 1000 Euro kamen von Grunwald. Gewonnen hat die Musikkapelle laut Hasel allerdings ebenfalls viel: „Neun aus dem ersten und zweiten Jahr sind aktuell in der Musik, 30 Jugendliche in der Ausbildung.“ Das Ziel der Nachwuchsgenerierung ist also vollständig aufgegangen.
Soziale Komponente
Dabei hat die Bläserklasse auch eine soziale Komponente: Derzeit finanziert der Verein Lichtblick drei Kinder, die sich in der Ausbildung befinden. Ausbildung heißt dabei nicht die Drittklässler, die (beziehungsweise deren Eltern) sich entscheiden, die kostenfreie Bläserklasse anstelle des Musikunterrichts zu besuchen. Ausbildung bedeutet den darauf folgenden Unterricht in der Jugendmusikschule, zu dem die Kinder weiter die von der Musikkapelle Niederwangen zur Verfügung gestellten Instrumente nutzen können, aber Unterrichtsgebühren entrichtet werden müssen.
Die übernimmt in manchen Fällen „Lichtblick“. „Es kommen durch die Bläserklasse in jedem Fall Kinder in die Jugendmusikschule, die sonst niemals dort gelandet wären“, sagt Ortsvorsteher Roland Hasel, der Mitinitiator der Bläserklasse war, nicht ohne Stolz. Christian Hasel freut sich, dass das schon früh geknüpfte Netzwerk und die Zusammenarbeit mit verschiedenen Organisationen noch immer bestehen. Geändert hat sich in diesem Jahr dennoch etwas. Die 13 (von übrigens insgesamt 17 Drittklässlern) mussten sich in diesem Jahr nicht mehr im Vorfeld entscheiden, welches Instrument sie erlernen möchten. Nun wird zwischen Holz- und Blechblas-Instrumentengruppen gewechselt, damit beides ausprobiert und ein tieferer Eindruck gewonnen werden kann.
Ein „Problem“ dürfte alle freuen, die sich vor Jahren gegen den drohenden Untergang der Schule stemmten und nun erfahren mussten, dass aufgrund der steigenden Schüler- und Klassenzahlen „kein Platz mehr“ sei für die beiden Gruppen der Blechbläserklasse. Die „Lösung“ des „Problems“ steht in Form einer Ausweichmöglichkeit laut Christian Hasel aber gegenüber der Schule: „Die Klarinetten sind im neu gebauten Probelokal untergebracht, die Trompeter im alten Probelokal im Rathaus.“ Von einer Übergangsquote in der Größenordnung von „gigantischen 70 bis 80 Prozent“ sprach JMS-Schulleiter Hans Wagner. Unterrichtet werden die Bläserklassen-Kinder in diesem Schuljahr von Lenard Ellwanger (Holz) und Ferdinand Fremerey (Blech).
Rhythmusgeschichten für die Gäse
Das „Gummibärchen“ und die „Giraffe“ lässt Fremerey den Gästen vorführen, die zur Bläserklassen-Stunde kommen. Es sind Rhythmusgeschichten, eine Art Minimal-Musik, die in der erst dritten Stunde überhaupt ertönen. „Wir haben auch schon mit Tischtennisbällen das Blasen geübt“, erläutert Fremerey. Investieren musste (oder durfte) die Musikkapelle Niederwangen im Übrigen auch in diesem Jahr wieder. Christian Hasel: „Wir haben vier neue Klarinetten für jeweils 1000 Euro gekauft, weil aus den letztjährigen Klassen entsprechend viele weitergemacht haben.“ Je nach Größe der Finger lässt sich mit den Bläserklassen-Instrumenten drei bis vier Jahre lang spielen. Dann erst müsste eine größere Klarinette angeschafft werden. „Auch das größere Instrument wird von uns dann gekauft“, sagt Christian Hasel. Und weiter: „Solange die Kinder in der Ausbildung sind, wird ein Instrument zur Verfügung gestellt.“
So läuft es mit der Bläserklasse Schomburg
„In diesem Schuljahr sind zwölf Kinder bei den Blechbläsern und sieben bei den Holzbläsern“, erzählt Jutta Wagner, Schulleiterin der Grundschule Schomburg. Seit 2014 gibt es auch dort eine Blechbläserklasse, die zusätzlich zum normalen Unterricht gewählt werden kann und die von den Musikkapellen Primisweiler und Haslach getragen wird. Von 35 Drittklässlern haben sich in diesem Schuljahr 19 für das Angebot entschieden. „Es ist für mich eine sinnvolle und gewinnbringende Ergänzung unseres musikalischen Konzeptes, das neben dem schulischen Musikunterricht auch einen Schulchor und eben die Bläserklasse einschließt“, sagt Wagner.
Laut Matthias Müller, Vorsitzender der Musikkapelle Haslach, haben in den fünf Jahren des Bestehens „etwa 70 bis 80 Kinder“ das Angebot der Bläserklasse angenommen: „Aus Haslach haben bisher acht Kinder dann mit dem Einzelunterricht begonnen.“ Ein Teil hat zwar auch aufgehört, aber: „Die anderen sind mit Spaß und Ehrgeiz am Üben und besuchen bereits das Vororchester oder die Jugendkapelle.“ Insgesamt, sagt Müller, habe sich das Projekt über die Jahre hinweg sehr gut an der Schule integriert: „Für die Eltern ist es eine Erleichterung, den Kindern die Möglichkeit zu geben, ein Instrument zu testen, da die Anschaffungskosten erst einmal wegfallen.“ Im Großen und Ganzen, meint Müller, sei man mit Verlauf und den Rückmeldungen von Schule und Kindern/Eltern zufrieden: „Es wäre natürlich schön, wenn nach der Bläserklasse noch mehr Kinder ihre musikalische Zukunft verfolgen und wir dann später davon profitieren könnten.“ (Susi Weber)
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